Wer in der Welt etwas auf sich hält, läuft von Eisenach bis Schmiedefeld! Das ist einer der kultigen Motivationssprüche vom Rennsteiglauf. Ein weiterer lautet: „Das schönste Ziel der Welt ist in Schmiedefeld.” Letzterer steht auch in großen Lettern auf dem Zielbogen des Rennsteiglaufs, der in Schmiedefeld endet. Doch bis man ihn durchschreiten kann, dauert es eine ganze Weile.
Mein Rennsteiglauf-Wochenende begann am Freitagnachmittag. Mit dem Auto sind es von Karlsruhe nach Eisenach eigentlich drei Stunden. Aufgrund des hohen Verkehrs und einiger Baustellen waren es bei mir dann aber über fünf Stunden. Aber alles halb so wild. Die Startunterlagen konnten bis 21 Uhr abgeholt werden, sodass ich keinen Zeitstress hatte. In Eisenach bezog ich zunächst die gemietete Unterkunft und machte mich dann auf den Weg in die etwa zwei Kilometer entfernte Innenstadt, um meine Startunterlagen abzuholen.
Der Rennsteiglauf fand in diesem Jahr bereits zum 52. Mal statt. Insgesamt hatten sich über 17.000 Leute dafür angemeldet. Allerdings zusammen für alle Distanzen. Beim Supermarathon waren es rund 2.000.
Der Rennsteiglauf ist eine Punkt-zu-Punkt-Strecke. Das gemeinsame Ziel für alle ist in Schmiedefeld („Das schönste Ziel der Welt”). Die einzelnen Distanzen starten dann einfach an unterschiedlichen Punkten. Bei der langen Distanz ist das Eisenach. Die Stadt ist vor allem wegen der nahe gelegenen Wartburg bekannt, auf der Martin Luther die Bibel übersetzt hat.
Am Freitagabend war die Stimmung auf dem Marktplatz recht ausgelassen. Es spielte eine Band im großen Festzelt und anstelle einer Pastaparty gab es eine Kloßparty. Denn der Kartoffelkloß ist schließlich ein Thüringer Kulturgut. Dazu gab es je nach Lust und Laune noch Rotkraut und Gulasch. Definitiv ein ungewöhnliches Carboloading. Ich habe mich vor allem an die Klöße gehalten, die echt gut waren.
Zurück in der Unterkunft habe ich mein Outfit und meine Ausrüstung für den nächsten Tag gepackt. Dann bin ich recht früh ins Bett gegangen und gegen 22 Uhr eingeschlafen.
Apropos Ausrüstung: Beim Rennsteiglauf braucht man eigentlich nichts außer normalen Laufschuhen und Laufbekleidung. Ich hatte zusätzlich meine Laufweste mit zwei Softflasks und meiner Eigenverpflegung (Gels und Riegel) dabei. Auf der Strecke gibt es zwar ziemlich viele Verpflegungspunkte, sodass man damit vermutlich auch gut zurechtkommt. Ich fand es unterwegs dennoch gut, immer dann etwas trinken zu können, wenn ich Durst hatte. Außerdem war das zusätzliche Gepäck ein gutes Training für den Zugspitz Ultratrail im nächsten Monat.
Mein Wecker klingelte um 4 Uhr, was eigentlich überhaupt nicht meine Zeit ist. Am Race Day geht es aber immer ganz gut. So auch diesmal. Es folgte meine über Jahre einstudierte Morgenroutine und gegen 5:15 Uhr machte ich mich auf den Weg zum Start. Dort war schon viel los, aber die Zeit reichte noch für den traditionellen Besuch des Dixis.
Der Rennsteiglauf-Supermarathon startet um 6 Uhr. Davor wird traditionell noch der Schneewalzer gespielt. Ich habe keine Ahnung, woher diese Tradition stammt, aber sie scheint sehr beliebt zu sein. Und dann ging es endlich los. Rund 74 Kilometer mit ungefähr 1800 Höhenmetern lagen vor mir. Absolutes Neuland für mich! Meine längste Strecke waren bisher 50 Kilometer. Einmal vor gut zehn Jahren beim Winterultra in Rodgau und einmal vor ein paar Wochen als Trainingslauf im Schwarzwald. Ich war sehr gespannt auf die kommenden Stunden. Und ich freute mich darauf.



Der Tross setzte sich langsam in Bewegung, was eine gute Sache war. Man muss ja nicht in jedem Rennen wie von der Tarantel gestochen einen Supersprint hinlegen, nur um dann ganz erstaunt festzustellen, dass das viel zu schnell war. Die ersten sechs oder sieben Kilometer waren durch ein sehr dichtes Feld und enge Wege geprägt. Danach entzerrte sich das Feld deutlich und jeder konnte sein eigenes Tempo laufen.
Apropos Tempo. Ich hatte natürlich keine Ahnung, wie schnell ich hier überhaupt laufen sollte bzw. konnte. Das ist auch meine bisherige Erkenntnis vom Trailrunning. Bei flachen Straßenläufen hatte ich immer eine Pacing-Strategie, die zumindest teilweise funktioniert hat. Das Gleiche galt auch für das Radfahren. Sei es beim Triathlon oder bei langen Kanten wie dem Mallorca 312 – beim Trailrunning habe ich den Dreh noch nicht raus. Das liegt an den unterschiedlichen Abschnitten (mal flach, mal bergauf, dann wieder bergab, dann eher technisch). Darum habe ich versucht, nach Gefühl zu laufen und darauf zu achten, dass mein Puls vor allem bergauf nicht zu sehr nach oben geht. Und das hat gut funktioniert.
Ebenfalls gut funktioniert hat die Verpflegung. Ich habe insgesamt zwei Powerbar-Riegel, zehn High5-Gels und zweimal 500 ml High5-Iso-Drink zu mir genommen. Dazu noch reichlich Wasser und Vita Cola an den Verpflegungsstellen. Und weil es Tradition am Rennsteig ist, habe ich noch zwei Becher Schleim getrunken. Dabei handelt es sich um einen dünnflüssigen Haferschleim, der zu den Gebräuchen gehört wie der Schneewalzer und die Klöße. Von Haferflocken wusste ich, dass ich diese gut vertrage. Alle anderen Leckereien habe ich mir jedoch verkniffen. Es gab eine reichliche Auswahl: angefangen von Müsliriegeln, über Obst und belegte Brote mit Nutella oder Schmalz bis hin zu warmen Würsten.
Generell kam ich sehr gut durch den Lauf. Ich hatte mein Wohlfühltempo gefunden und hatte keine körperlichen Probleme. Natürlich wurden die Beine und der gesamte Körper irgendwann müde. Aber es war nicht kritisch oder hart. Ich bin froh, dass ich auch keinerlei Schmerzen in den Muskeln oder Gelenken hatte. Alles ging ganz gut. Was ebenfalls gut verlief, war die Zeit. Obwohl ich über neun Stunden unterwegs war, kam bei mir keine Langeweile oder ein mentales Tief auf. Ich habe dabei keine bewusste Strategie verfolgt. Unterwegs hatte ich immer die zurückgelegte Distanz auf meiner Uhr im Blick. Außerdem setzte ich mir laufend kleine Zwischenziele. Das waren zum einen jeweils die nächsten vollen 5 km und zum anderen der jeweils nächste Verpflegungspunkt. Das war für mich absolut ausreichend. Dazu kam die teils wirklich schöne Aussicht auf der Strecke. Richtig toll wurde es für mich, als die Uhr 50 km anzeigte. Denn nun folgte absolutes Neuland. Ich war echt begeistert und freute mich über jeden zusätzlichen Kilometer.
Irgendwann standen 60 km auf der Uhr und schließlich 70 km. Das war dann schon der Endspurt. Der Zieleinlauf in Schmiedefeld war großartig. In dem kleinen Ort wohnen eigentlich nur rund 2.000 Leute. Und einmal im Jahr fallen dann noch 17.000 weitere ein. Das ist echt verrückt. Und richtig toll. Ich habe mich sehr gefreut, als ich durch den Zielbogen lief. Mit meiner Zeit von 09:34:54 bin ich in der vorderen Hälfte aller Finisher gelandet, was toll ist. Aber ganz ehrlich: Die Zeit spielt für mich keine große Rolle. Ich habe den Lauf ohne körperliche Probleme geschafft und abgesehen von den Bergauf-Passagen keine Gehpausen eingelegt. Und das finde ich super. Außerdem war es meine erste Teilnahme am Rennsteiglauf. Insofern sind die 09:34:54 meine persönliche Bestzeit. Yeah!




Der Rennsteiglauf war eine tolle Erfahrung. Vor Ort habe ich viel Herzlichkeit gespürt und tolle Menschen getroffen. Ich kann die Veranstaltung nur empfehlen. Egal, ob man die lange oder eine der kürzeren Strecken laufen möchte. Erfreulich war auch, dass ich nach dem Rennen nicht völlig erledigt war. Neben der bereits erwähnten Müdigkeit entdeckte ich beim Duschen noch zwei Blasen an den Füßen. Aber das wars.
Ich werde mir jetzt erst einmal Ruhe gönnen und dann in den letzten Trainingsblock für den ZUT starten.
Schreibe einen Kommentar